Computerspielschule im Kinder- und Jugendhaus Oststadt eröffnet
Der Stadtjugendausschuss e. V. (stja) hat die insgesamt sechste Computerspielschule in Deutschland eröffnet. Das neue Angebot wird im Kinder- und Jugendhaus Oststadt umgesetzt. Ermöglicht wird es innerhalb eines Pilotprojekts der Landesanstalt für Kommunikation (LfK) Baden-Württemberg. Computer- und Konsolenspiele üben eine besondere Faszination für Kinder und Jugendliche aus und gehören mittlerweile zu einem festen Bestandteil ihrer Lebenswelt. Die Erwachsenen stehen dieser Entwicklung oft kritisch und verunsichert gegenüber. Sie befürchten, dass dieses Medium ihre Kinder negativ beeinflussen könnte und rechnen mit einer Zunahme an Aggressivität, dem Verlust sozialer Kontakte, Veränderungen von Wertvorstellungen oder einer generellen Abstumpfung. Die Computerspielschule Karlsruhe des stja will als generationenübergreifende Einrichtung Kindern, Jugendlichen und Eltern den Zugang zur digitalen Spielwelt öffnen und beim Umgang mit Medien beraten. Bundesweit gab es bisher erst fünf solcher Einrichtungen, unter anderem in Stuttgart und Freiburg.
„Fast zwei Drittel der Kinder zwischen sechs und 13 Jahren spielen regelmäßig online, am Computer und an der Konsole“, sagte LfK-Präsident Thomas Langheinrich bei der Eröffnung. Viele Eltern, die mit Räuber und Gendarmspielen aufgewachsen seien und ihr Smartphone vor allem zum Chatten oder zum Lesen von Nachrichten nutzten, stünden dieser Gaming-Welt ratlos, hilflos und verunsichert gegenüber. Das Leben ihrer Kinder finde hinter einer Tür mit sieben Siegeln statt, die sie nicht öffnen könnten. Das berge Konflikte, Ärger und Frust innerhalb der Familie. „Genau hier setzt das Konzept der Computerspielschule als ein Ort der Begegnung an, an dem Eltern, Großeltern und Kinder gemeinsam die Welt der Spiele entdecken können“, betonte Langheinrich. Und dies mit fachkundiger pädagopischer Begleitung, von Menschen, die selber Gamer seien und die Faszination der Spiele kennen. „Sie sind die Brücke, die die unterschiedlichen Erfahrungswelten verbindet“.
Einer dieser Brückenbauer ist Sebastian Pflüger. Selbst Gamer, hat er die Projektleitung für die Schule übernommen. Er betreut auch die Gruppe „Spielgesteuert“, die schon einige Jahre im Kinder- und Jugendhaus Oststadt aktiv ist. Die Gruppe hält Vorträge vor Erwachsenen, unter anderem in der Polizeischule Villingen-Schwenningen, um die Gamingwelt zu erklären oder besucht ältere Menschen in Seniorenheimen, um ihnen die Computerwelt näher zu bringen. Man wolle Eltern ein Gespür dafür geben, was ihre Kinder spielen, ohne ihnen ihre Erziehungsaufgaben zu nehmen, betont er.
Oft gehe es um die Zeit, die Kinder und Jugendliche ins Spielen investierten. Hier wolle man Eltern Möglichkeiten aufzeigen, wie man sich etwa über die Spieldauer einigen könne. Und zwar bevor es zu einem Streit kommt. Dafür sei es aber auch wichtig, dass die Eltern grundsätzlich wüssten, wie die Spiele funktionierten. Und: Videospiele seien an sich ein hervorragendes Medium für die Jugendarbeit, macht der Mitarbeiter des Kinder- und Jugendhauses deutlich. Sie förderten Kompetenzen von Jugendlichen und stärkten das Gemeinschaftsgefühl, weil man oft gemeinsam Strategien entwickeln muss. Bei den Spielen gehe es um viel mehr als nur Laufen und Schießen. Videospiele könnten auch Bedürfnisse erfüllen, die in der realen Welt nicht vorhanden seien.
Bürgermeister Martin Lenz bezeichnete die Computerspielschule als eine Innovation „auf einem ganz besonderen Niveau“. Das Profil des Kinder- und Jugendhauses sei einzigartig auch überregional und sehr wertvoll. „Es ist wichtig, die neuen Medien und ihre Möglichkeiten zu verstehen“, stellte Elke Sauerteig, Geschäftsführerin der Aktion Jugendschutz (AJS) heraus. Der Verein begleitet das Projekt Man wolle daher Jugendliche dazu befähigen, gut mit den neuen Medien umzugehen. Gleichzeitig wolle man die Erwachsenen dazu animieren, sich nicht abzuschotten, auch wenn bei vielen die Skepsis gegenüber Computerspielen groß sei. Für Wilfried Grüßinger, Leiter des Kinder- und Jugendhaus Oststadt, ist die Computerspielschule ein „Setting, wo sich Generationen treffen“. Grüßinger hat die Aktivitäten in diesem Bereich in den vergangenen Jahren entwickelt und ausgebaut.
Die Computerspielschule im Kinder-und Jugendhaus Oststadt, Rintheimer Straße 47, ist für Kinder und Jugendliche ab sechs Jahren und deren Eltern immer montags, 17 bis 20 Uhr und donnerstags von 18 bis 21 Uhr geöffnet.