Präventionstag zum Thema „Körperbild. Körperwahn. Körperkult“
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Rund 300 Fachleute aus den Bereichen Pädagogik und Sozialpädagogik kamen am Dienstag, den 23.10.2018 zum 9. Präventionstag mit dem Titel „Körperbild. Körperwahn. Körperkult“ ins Tollhaus in Karlsruhe. „Wie sehr fühle ich mich in der Welt aufgehoben?“, „Wie gut finde ich mich eigentlich selbst?“ oder „Welche Rolle nehme ich in meinem Umfeld ein?“ – in Vorträgen und Workshops erhielten die Teilnehmenden Impulse für ihre tägliche Arbeit in Schulen, Jugendhäusern oder in den Beratungszentren.
„Körperideale gab es schon immer“, so die Autorin und Soziologin Waltraud Posch. Diese hätten in früheren Jahrhunderten aber nur eine Oberschicht erreicht. „Heute weiß jeder Bescheid, wie ein schöner Körper erreicht werden kann“, betonte sie in ihrem Eröffnungsvortrag. Das sei zunächst einmal positiv, verursache aber auch Stress. Michael Klein, Professor an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Köln, verwies auf die Macht der Bilderwelten, die sich unter anderem durch soziale Netzwerke deutlich vergrößert habe und sehr dominant sei. Prototypisch dafür stünden beispielsweise Datingportale wie „Tinder“, bei dem der erste Blick und Äußerlichkeiten entschieden. Allerdings gebe es bei jungen Erwachsenen auch eine Entwicklung hin zum so genannten „zweiten Blick“, der immer wichtiger werde.
Schulamtsdirektorin Elisabeth Groß vom Staatlichen Schulamt Karlsruhe sagte, der Präventionstag diene dazu, verstehen zu lernen. Sich als Person anzunehmen sei eine große Herausforderung über das gesamte Leben hinweg. Schulen seien Begleiter auf dem Weg dieser Identitätsbildung für junge Menschen. Zunehmend werde klar, dass die klassische Schule, die ausschließlich nach dem Leistungsdruck funktioniere, den Druck eher verstärkt. Es gelte deshalb das Prinzip des individualisierten Lernens, das den Schüler und seine Kompetenzen hervorhebe, in den Blick zu nehmen. Beeindruckt waren die Präventionstag-Teilnehmenden unter anderem von Matthias Berg. Der Jurist, Musiker, Sportler und Referent erzählte von seinem Werdegang als Contergan-Geschädigter, seiner Jugendzeit, dem Erwachsenwerden, von lustigen, aber auch schmerzhaften Begegnungen mit anderen Menschen aufgrund seines Handicaps. „Ich habe irgendwann gemerkt, dass ich mich hinstellen muss und sagen muss: Jeder kann etwas, also natürlich auch ich“.
Michael Gleitz vom Jugendamt im Landratsamt Karlsruhe bilanzierte, die Vielschichtigkeit und Verwobenheit der Eingangsfragestellungen. Die Vorträge hätten deutlich gemacht, dass es dafür nicht die eine Lösung gebe. Fachleute könnten gestärkt aus dem Präventionstag gehen und vieles für ihre Alltagsarbeit mit Kindern und Jugendlichen mitnehmen, so die Geschäftsführerin des Stadtjugendausschusses Karlsruhe, Elisabeth Peitzmeier. Es gehe für die pädagogischen Fachkräfte darum, an Fähigkeiten und Kompetenzen der Jugendlichen anzuknüpfen, ihnen Mut zu machen und sie darin zu bestärken.
Der Präventionstag steht unter der Schirmherrschaft des Landkreises Karlsruhe, der Stadt Karlsruhe und des Polizeipräsidiums Karlsruhe. Durchgeführt wird er von Partnern des Präventionsnetzwerks, dem verschiedene Institutionen aus dem Stadt- und Landkreis angehören.