Perspektiven junger Geflüchteter – aber nur für die, die bleiben dürfen?!
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Der Fachtag „Soziale, Schulische und Berufliche Perspektiven junger Geflüchteter“ unter dem Dach der Modellregion Karlsruhe wurde von den Arbeitsförderungsbetrieben gGmbH, dem Schul- und Sportamt und dem Stadtjugendausscchuss e.V. veranstaltet. Die dort verhandelten Themen waren komplex. Experten aus Berlin, Bonn und Tübingen haben sich zu Fragen der beruflichen Orientierung, Innovation von Sprach- und Lernprozessen sowie zu Handlungsstrategien, die den Einstieg in den Arbeitsmarkt ermöglichen, positioniert. Der Fachtag brachte Ergebnisse, die es wert sind, diese in Karlsruhe weiterzuentwickeln.
So hat Professor Josef Held, Netzwerk Fluchtforschung an der Uni Tübingen, durch ein Forschungsprojekt mit jungen Geflüchteten verdeutlicht, wie wichtig es ist, den Blick der Fachkräfte für die individuellen Bedarfe der jungen Geflüchteten zu schärfen.
Dazu müssen die Geflüchteten jedoch selbst zu Wort kommen und gehört werden. Die Erfahrungen der jungen Geflüchteten in den Film-Interviews bestätigen die Tübinger Studie dahingehend, dass es jungen Geflüchteten wichtig ist, Menschen – Schüler, Lehrer, Pädagogen, Arbeitgeber – kennenzulernen. Sie nehmen sich die Zeit, erklären die Sprache und begleiten den Übergang in eine andere Kultur und in das Erwerbsleben.
Ein großes Hindernis dagegen sind die von den jungen Geflüchteten angesprochene Bürokratie und die langen Wege. Sie wünschen sich alle Institutionen an einem Ort, „wo ihnen geholfen wird“. Dazu gibt es auch schon eine Idee von Ingo Zenkner, dem geschäftsführenden Vorsitzenden der Arbeitsagentur Karlsruhe-Rastatt. Das wäre in Karlsruhe eine Jugendberufsagentur, das „Haus der kurzen Wege“. Mit dem Ziel, ALLE Jugendliche an einem jugendgerechten Ort zu empfangen und sie zu den richtigen Angeboten zu lotsen.
Tobias Klaus (BUMF Berlin) vom Bundesfachverband der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge bestärkt diese Idee, denn aus Sicht der Schulen und der Fachkräfte der Jugendhilfe sind Bedingungen, wie u.a. eine gute Vernetzung, ein guter Umgang mit Heterogenität in der Schule, Praktika als Türöffner und eine gute psychosoziale Unterstützung bei einer Berufsausbildung entscheidend. Deutlich hingegen wurde laut der Studie „Wege Geflüchteter in die Ausbildung“ des Bundesinstituts für Berufsbildung BIBB, dass sowohl für deutsche und migrantische als auch für geflüchtete Bewerber/innen gilt, dass der Schulabschluss und die Bewerbungsaktivitäten Einfluss darauf haben, ob sie in Ausbildungsberufen mit Besetzungsproblemen landen oder nicht, erläuterte Max Christ (BIBB). Zumindest für Ahmed hat sich an diesem Abend eine Ausbildungsperspektive aufgetan. Ariane Durian, Vizepräsidentin der IHK, nahm den jungen Mann beim Wort, der eine Ausbildung im IT Bereich suchte, und vermittelte ihm einen Vorstellungstermin in einem IT-Unternehmen in Karlsruhe.
Das größte Problem beginnt jedoch mit dem 18. Geburtstag, denn da endet die Jugendhilfe und es steigt das Risiko eines ablehnenden BAMF-Bescheides. An diesem Punkt stellt sich dann die Generalfrage, auf die bislang niemand eine Antwort hatte, so auch nicht auf dem Fachtag für junge Geflüchtete: Warum kann ein so reiches Land wie Deutschland nicht allen Jugendlichen – auch denen die wieder gehen müssen oder wollen – nicht an seinem Ausbildung- und Bildungsreichtum teilhaben lassen? Firmen sind weltweit vernetzt und haben ihre Firmen weltweit sitzen. Wäre es nicht sinnvoll für alle Beteiligten, es gäbe gut ausgebildete Jugendliche überall in der Welt unabhängig von ihrem Bleibestatus?
(Foto: www.tmc-fotografie.de)